Zur aktuellen Diskussion über die Beseitigung des Erdkabelvorrangs bei Planung und Bau von Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungen (HGÜ) stellt die Vorsitzende des Bündnis Hamelner Erklärung e.V. Anna Kebschull (Landrätin des Landkreises Osnabrück) klar: Das Bündnis Hamelner Erklärung e. V. lehnt die aktuell von den Regierungen einiger Bundesländer geforderte Aufgabe des Erdkabelvorrangs bei Planung und Bau von Höchstspannungs- Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ) vehement ab. Der seit Jahren aus guten Gründen gesetzlich angeordnete Vorrang für die Erdverkabelung neuer Leitungen des HGÜ-Netzes muss erhalten bleiben, denn eine Abschaffung des Erdkabelvorrangs nach § 3 Abs. 1 BBPlG hätte nicht nur für die vom Leitungsbau betroffenen Anwohner, und die betroffenen Gebietskörperschaften fatale Folgen. Auch das damit vorgeblich verknüpfte Ziel, den für die Umsetzung der Energiewende erforderlichen Netzausbau zu beschleunigen, würde ins Gegenteil verkehrt.

Auf der Grundlage der im Dezember 2023 von der Bundesnetzagentur im Entwurf vorgeschlagenen Präferenzräume bereiten die Übertragungsnetzbetreiber bereits die Planfeststellungsunterlagen für die Trassenneubauten vor. Teilweise sind dazu auch bereits frühzeitige Beteiligungsverfahren durchgeführt worden. Würde der Erdkabelvorrang entfallen, müssten die Planungsverfahren einschließlich der Erarbeitung der Präferenzräume durch die Bundesnetzagentur mit veränderten Kriterien und Betroffenheiten neu gestartet werden. Ein erheblicher Zeitverlust wäre die Folge. Lern- und Anwendungserfolge in Bezug auf die gegenwärtig geltende Rechtslage würden ohne Not aus der Hand gegeben. Eine (erneut) geänderte Rechtslage zöge wieder neue (gerichtliche) Klärungsbedarfe nach sich. Der Gesetzgeber hat in den letzten zwei Jahren umfangreiche Novellierungen zur Beschleunigung der Planungsverfahren vorgenommen, die zu einer maßgeblichen Vereinfachung führen. Die Dauer der bisherigen Verfahren kann daher nicht als Argument herangezogen werden, um einen noch weitergehenden Beschleunigungsbedarf zu rechtfertigen.

Den von den Befürwortern des Freileitungsvorrangs vermittelten Eindruck, dass mit dem Erdkabelvorrang bei den HGÜ-Leitungen kein Akzeptanzgewinn verbunden sei, teilen wir ausdrücklich nicht. Im Gegenteil zeigt sich bei vom Bündnis Hamelner Erklärung e.V. begleiteten Projekten SuedLink und SuedOstLink eine deutliche Versachlichung der Diskussionen. Die gewachsene Akzeptanz erdverkabelter Leitungsbauprojekte würde sich bei einem Wechsel zu einem Freileitungsvorrang in Ablehnung umkehren. Der damit verbundene Vertrauensverlust in der Bevölkerung hätte angesichts der gegenwärtig ohnehin fragilen politischen Gesamtsituation über das Thema Leitungsausbau hinaus das Potential, ein weiteres negatives Narrativ zu fördern. Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungen (HGÜ) als Freileitung unterscheiden sich nicht nur aufgrund ihrer Zerschneidungswirkung, Landschaftsbildbeeinträchtigung und der einhergehenden
Vogelkollisionen von Erdkabeln. Die Befürworter von HGÜ-Freileitungen verkennen darüber hinaus, dass mit den in Deutschland bisher nicht existenten HGÜ-Freileitungen elektrische Feldwirkungen und ionisierte Luftmoleküle in Kauf genommen werden, die bei Erdkabeln durch Ummantelung und Erdreich abgeschirmt werden. Diese treten bei HGÜ-Freileitungen im Vergleich mit den gängigen Wechselstrom-Freileitungen in deutlich höherer Konzentration auf. Bei Erdkabeln existiert dieses in der gegenwärtigen Debatte weitgehend ausgeblendete Risiko nicht (vgl. Kleinhückelkotten u. Neitzke 2013).

Beschleunigung und Kostenreduzierung des Netzausbaus lassen sich nicht durch ein Kippen des Erdkabelvorrangs erreichen. Im Gegenteil, denn diese Rechnung verkennt insbesondere den Akzeptanzfaktor. Das Bündnis Hamelner Erklärung e. V. ist nah dran an den Menschen vor
Ort über seine LK-Mitglieder aus unterschiedlichsten Bundesländern. Aus diesem Wissen heraus kann eine Beschleunigung des Netzausbaus nur durch eine weitere Steigerung der Akzeptanz erreicht werden. Ein effektives Mittel hierfür sind Durchleitungsentgelte, die im Sinne des Bündnisses Hamelner Erklärung als Abgaben des Netzbetreibers an die betroffenen Landkreise verstanden werden. Diese Maßnahme, wie in Akzeptanz durch Fairness beschrieben, würde den besonders betroffenen ländlichen Regionen gerechtere Entwicklungsmöglichkeiten bieten, ohne zu einer nennenswerten Erhöhung der Netzentgeltkosten zu führen. Wir bitten die Bundesnetzagentur und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dringend um zeitnahe Gesprächsmöglichkeiten.

PM Erdkabelvorrang Muss Bleiben! Hamelner Erklärung E.V.